Eine glatte Million – Nathanael West

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HANDLUNG

Lemuel Pitkin, der tragische Held dieser Geschichte, bricht in die grosse Welt auf, um sein Glück zu machen. Zuhause wartet derweil seine verzweifelte Mutter, die dringend Geld für ihre überfällige Hypothek benötigt. Doch Lemuel wird vom Pech verfolgt, erst ausgeraubt, dann fälschlicher Weise inhaftiert. Mit seinem moralischem Abstieg geht sein körperlicher Zerfall einher; nachdem man ihm im Gefängnis die Zähne herausgebrochen hat, verliert er im Laufe der glücklosen Suche nach Job und Geld ein Auge, einen Daumen, sein Skalp und ein Bein - nur um schliesslich, von politischen Organisationen manipuliert und ausgebeutet, auch sein Leben zu verlieren - aber selbst dann ist sein Abstieg noch nicht zu Ende…

REZENSION

Nathanael Wests dritter Roman ist eine gnadenlose Abrechnung mit dem „American Way of Life“ - oder eine bitterböse Persiflage auf den amerikanischen Verfassungstext, in dem das Recht des Einzelnen auf Freiheit und dem Streben nach Glück ausdrücklich Erwähnung findet.
West hinterfragt dieses Recht und kommt zum schonungslosen Schluss, dass zwar jeder nach dem Glück streben kann - es jedoch nur die Wenigsten jemals erlangen werden. Der mitten in der grossen wirtschaftlichen Depression 1934 erschienene Roman, verleiht der namenlosen grossen Masse eine Stimme und zeigt auf groteske - und auch unglaublich komische - Weise auf, wie weit Wunsch und Wirklichkeit auseinander gedriftet waren.

Trotz aller Tragik der Geschichte, versteht es Nathanael West, durch sein feines Gespür fürs richtige Timing und seine emotionslose Erzählweise einer irrwitzigen Handlung Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Die Hauptfigur Lemuel Pitkin ist eine Art moderner Ritter von der traurigen Gestalt, immer wieder wird er fehlgeleitet, verführt und reingelegt - nur dass hier nicht wie in der klassischen Schelmengeschichte zum Schluss alles gut ausgeht - viel mehr hat West, das dürrenmatt’sche Prinzip vorwegnehmend, für seinen Helden das schlimmstmögliche Ende bereitgestellt.

Als Leser ist es manchmal schwer zu entscheiden, ob man nun mit dem armen Tropf Mitleid haben oder sich über die grotesken Ereignisse amüsieren soll - eine Mischung von beidem ist wohl angebracht. Auf jeden Fall ist Nathanael Wests Roman so aktuell wie bei seinem Erscheinen. Populistische Strömungen, wie sie in diesem Roman beschrieben werden, kommen dem heutigen Leser nur zu bekannt vor…
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BUCHVERARBEITUNG

Die vorliegende Ausgabe wurde vom Manesse-Verlag herausgegeben, aber leider nicht in der kleinformatigen Klassikerreihe. Aus diesem Grund finden wir hier keine Fadenheftung, sondern lediglich eine billige Leimbindung. Der Einband ist erfreulicherweise in orangefarbenes Leinen gefasst. Im weiteren wurde ein farblich passendes Vorsatzblatt gewählt sowie ein Lesebändchen eingefügt. Alles in allem eine optisch ansprechende Erscheinung, die lediglich durch minderwertige Bindeart auffällt.

FAZIT

Ein Werk, das es wert ist, gelesen zu werden, und das ich jedem, der rabenschwarzen Humor und Satire zu schätzen weiss, weiterempfehlen kann.

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© 2011 Manesse Verlag

Autor/Autorin:
Nathanael West

Originaltitel:
A Cool Million – The Dismantling of Lemuel Pitkin
Erstausgabe:
1934 Civici-Friede, New York City
Originalsprache:
Englisch

Diese Ausgabe:

© 2011 Manesse Verlag, München
ISBN:
978-3-7175-2232-4
Übersetzung:
Dieter E. Zimmer
Nachwort:
Dieter E. Zimmer
Umschlaggestaltung:
Glanegger – Büro für Buch und Grafik, München
Seiten
221
BUCH:
VERARBEITUNG:

© 2019 Blog-Fotos: T. S. Tubai



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